Im Reich des Brachvogels
BN-Vortragsreihe „Natur vor der Haustür“: BayernNetzNatur-Projekt des Landkreises Landshut im Isarmoos findet großes Interesse
„Im Reich des Brachvogels“, so hieß der für Naturfreunde vielversprechende Titel eines am 4. Dezember 2012 gehaltenen Lichtbildervortrages im Gasthaus „Zur Insel“ in Landshut. Die Bund Naturschutz-Kreisgruppe Landshut organisierte den Vortrag im Rahmen ihrer Reihe „Natur vor der Haustür“, bei dem diesmal das Bayern NetzNaturProjekt „Mettenbacher und Grießenbacher Moos“ von Helmut Naneder - dem Naturschutzbeauftragten des Landkreises Landshut - vorgestellt wurde. Stellvertretender Kreisgruppenvorsitzender Paul Riederer begrüßte die zahlreichen Zuhörer und führte kurz in das Thema ein.
Das Mettenbacher-Grießenbacher Moos gehört zu den flächig größten Niedermooren, die sich in der Nacheiszeit im Unteren Isartal entwickelt haben. Im Laufe von Jahrtausenden habe sich – je nach örtlichen Gegebenheiten – hier unter damals gegebenen hohen Grundwasserständen und dem daraus resultierenden weitgehenden Sauerstoffabschluss eine fast vier Meter dicke Torfschicht aus unvollständig zersetztem Pflanzenmaterial gebildet, informierte Naneder eingangs seines Vortrags.
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts konnten weite Teile wegen der im Niedermoor herrschenden Wasserverhältnisse nur als extensives Grünland genutzt werden, in den Moosteilen mit höherer Moormächtigkeit war kleinflächiges Torfstechen vorwiegend zur Gewinnung von Brennmaterial durchaus üblich, was Naneder mit historischen Aufnahmen des zu damaligen Zeiten aktiven Naturfotografenkollegen, Helmut Hohn, aufzeigen konnte.
Nach der Isarkorrektur Mitte des 19. Jahrhunderts sank im Gebiet jedoch stetig der für den Erhalt des Torfkörpers essentiell wichtige, hohe Grundwasserspiegel. In der Folge dieser „Erstentwässerung“ setzte eine Intensivierungswelle der landwirtschaftlichen Nutzung ein. Durch die nun vorhandene Vorflut zur Isar hin wurden immer mehr Gräben gezogen, feuchte Mulden und Senken verfüllt, ein dichtes Wegenetz angelegt und – was sich die alten Bauern ein halbes Jahrhundert zuvor wohl nicht vorstellen konnten - es war schließlich in weiten Moosteilen möglich, Grünland zu Ackerland umzubrechen.
Die ursprünglich typische Niedermoorvegetation, bestehend aus weitläufigen Duftlauch-Pfeifengrasstreuwiesen wurde dadurch im Laufe von nur wenigen Jahrzehnten bis auf kleine Restflächen zurückgedrängt. Das dennoch auch aktuell noch eine Vielzahl hochgradig seltener Arten auf den restlichen Niedermoorflächen beheimatet ist, ist in hohem Maße den bereits früh getätigten Bestrebungen des Landkreises Landshut zum Erhalt des Gebietes zu verdanken.
So konnten bis heute landesweit hochgradig seltene Vogelarten wie beispielsweise der Große Brachvogel, zahlreiche seltene Amphibien, europaweit seltene Schmetterlings- und Libellenarten, aber auch eine besonders vielfältige Vegetation mit Mehlprimelbeständen oder andernorts längst verschwunden Orchideenarten wie beispielsweise Sumpfständelwurz oder Fleischknabenkraut erhalten werden. Aufgrund seiner enormen Wertigkeit für die Natur ist das Mettenbacher und Grießenbacher Moos als Vogelschutzgebiet und als Flora-Fauna-Habitat (FFH-Gebiet) der EU ausgewiesen worden.
Unterstützt von der Höheren Naturschutzbehörde engagiere man bereits sich seit mehreren Jahrzehnten gemeinsam und zielgerichtet mit den vor Ort ebenfalls eingebundenen Gemeinden Essenbach, Postau und Niederaichbach, um das Mettenbacher und Grießenbacher Moos zu erhalten und zu verbessern, so Naneder.
Mit Hilfe von Fördergeldern aus dem Bayerischen Naturschutzfonds seien bisher alleine durch den Landkreis Landshut Grundstücke mit einer Gesamtfläche von mehr als 160 Hektar gezielt für Naturschutzzwecke erworben worden, weche im Sinne des Projektes gepflegt und laufend naturschutzfachlich optimiert werden.
Durch verschiedenste, aktive Biotopgestaltungmaßnahmen werden für die bedrohte Lebensgemeinschaft Niedermoor, aber auch für den Menschen unübersehbar artenreiche Lebensräume mit beispielsweise bunten Blumenwiesen die mancher nur noch aus der Kindheit kennt, wieder hergestellt, so der Referent begeisternd. Die vielfältigen Methoden zur erfolgreichen Wiederherstellung von artenreichen Niedermoorlebensräumen konnten eindrucksvoll visuell aufgezeigt werden. So gehören gezielte Biotopgestaltungen wie die Anlage von Flachwasserzonen ebenso zum Repertoire des Naturschutzes, wie freiwillige Maßnahmen der örtlichen Landwirte, beispielsweise die Förderung extensiver Grünlandnutzung durch Vertragsnaturschutzprogramme mit späterer Mahd und Düngeverzicht. Ergänzend dazu erfolgt das Ausbringen von artenreichem Mähgut oder gezielten Auspflanzungen auf ausgewählten Landkreisflächen, was den Bestand von seltenen oder vormals bereits ausgestorbenen Pflanzen wie Mehlprimel oder Lungenenzian seit mehreren Jahren signifikant erhöht. Vorrangiges naturschutzfachliches Ziel sei jedoch neben der Sanierung von Niedermoorstandorten der Schutz und die Stabilisierung der Population von seltenen wiesenbrütenden Vogelarten, insbesondere des Großen Brachvogels, bekräftigte der Referent. Für den Brachvogel und eine Reihe anderer Seltenheiten wie dem Rotschenkel oder der Grauammer gehört das Mettenbacher und Grießenbacher Moos zu den wichtigsten Wiesenbrütergebieten in Bayern. Ergänzend zu umfangreichen biotopverbessernden Maßnahmen werden deshalb gezielte Gelegeschutzmaßnahmen in Form von Nest-Auszäunungen vor allem für Brachvogel und Kiebitz durchgeführt. So werden den Bestand dezimierende Fressfeinde wie der Fuchs ausgesperrt - und der Bruterfolg dieser bedrohten Arten wird gesteigert.
Durch die Kombination verschiedenster Maßnahmen, intensiver Projektbetreuung und weiteren Flächenankäufen soll die Population dieser landesweit immer seltener werdenden, typischen Moosbewohner gesichert und möglichst bald erhöht werden, hob Naneder nochmals hervor - und schloss seinen Vortrag mit einer Fülle von prächtigen Bildern, welche die Zuschauer nochmals die beeindruckende Artenvielfalt dieses schützenswerten Gebietes vor unserer Haustür bestaunen ließ.
Als langjähriger Beobachter im Isarmoos vermittelte Paul Riederer noch ein kurzes Bild über die Landschaft, wie sie vor rund 55 Jahren noch anzutreffen war. Großflächige Streuwiesen und eine Vogelwelt mit Großem Brachvogel, Kiebitz, Sumpfohreule, Wiesenweihe, Bekassine und sogar Birkhuhn, prägten damals das Mettenbacher und Grießenbacher Moos.